Bündnertuch – es verkörpert ein Stück Industriegeschichte des Kantons Graubünden. Das Rezept zum traditionsreichen Stoff stammt aus der 1912 von Fidel Tuor in Trun gegründeten Tuchfabrik. Bis 2001 beschäftigte die Tuchfabrik über 400 Mitarbeitende an zahlreichen Standorten der Schweiz, dann wurde die Produktion eingestellt. Bis Heidi Klopp, gelernte Maskenbildnerin und seit 1991 stolze St. Moritzerin, das Tuch wieder zum Leben erweckte. Und wahrlich ist es der Stoff, aus dem Geschichten gemacht sind – denn er ist die Grundlage für die Uniformen zahlreicher Carlton-Mitarbeitenden. Die Initiantin und Head of Everything plaudert nachfolgend aus dem Nähkästchen, wortwörtlich.
Frau Kopp, wie sind Sie dazu gekommen, den Stoff von Fidel Tuor neu aufleben zu lassen?
Farben, Formen und Stoffe waren schon immer meine Leidenschaft. Meine Mutter war Kostümschneiderin und Schnittmustermeisterin mit eigenem Atelier, mein Vater stand als Schauspieler auf der Bühne – natürlich immer kunstvoll bekleidet. So wurde ich in diese Welt hineingeboren. Bis 2019 führte ich mit Renato Faoro ein eigenes Bekleidungsunternehmen, jetzt bin ich selbst Gründerin meines eigenen Start-Up-Unternehmens: Dem Bündnertuch.
Warum gerade Bündnertuch?
Ich fühle eine starke Verbundenheit zur Region, zum Engadin und zu St. Moritz, seit 1991 lebe ich hier. Ich war auf der Suche nach der Identität vom Tal, nach Kulturgeschichte, aber auch nach nachhaltigen Alternativen zum von Fast Fashion und Stangenware überfluteten Markt. Die Wolle, ein Stoff, welcher existiert, seit Menschen gedenken – mein Wunsch war es, ihm neues Leben einzuhauchen. Und dabei auf meine Umgebung, die ich so sehr liebe, Rücksicht nehmen. Mit Bündnertuch wollte ich das traditionelle Wissen über Stoff in die Gegenwart holen und für die Zukunft weiterentwickeln. Eine entscheidende Voraussetzung war für mich das ursprüngliche Rezept des Trunser Tuchs – aber auch die originalen Schnittmuster. Nun liegt das Rezept, wohlbehütet, in einem Safe. Selbst wenn es jemand zu Gesicht bekäme, es setzt spezielles Wissen voraus, die Herstellungsart und die einzelnen Produktionsschritte sind eine komplizierte Angelegenheit, noch immer.
Wie unterscheidet sich das heutige Bündnertuch vom Original-Rezept? Wo lebt die Tradition weiter, wo wurde eine Entwicklung gemacht?
Die Tradition liegt definitiv im Herstellungsprozess, im Handwerk. Das Know-How, welches über mehr als hundert Jahre überliefert, aber auch optimiert wurde. Damals wie heute wird sehr viel Liebe ins Detail gesteckt, aber auch auf die umweltschonende Produktion. Die Qualität der Stoffe liegt uns genau so am Herzen wie das individuelle, besondere, an die Vergangenheit angelehnte Design. Und doch sollen die Stücke nicht aus der Zeit gefallen wirken! Eben ein guter Mix für ein zeitloses Chic.Optimierungen gab es in jedem Fall im Veredelungsprozess. Heute sind es insgesamt 14 Schritte, bis der Stoff zur Kleidung verarbeitet werden kann. Der Stoff ist weicher, tragbarer, die haptische Berührung ist angenehmer. Ich möchte, dass die Trägerinnen und Träger sich wohl fühlen. Der Tragekomfort hat sich, im Vergleich zum ursprünglichen Tuch, deutlich gebessert.
Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Carlton Hotel zustande gekommen?
Durch zahlreiche Gespräche! Das Carlton Hotel ist, genau wie Bündnertuch, stark im regionalen Geschehen involviert. Es ist eine „Liebeserklärung an die Mitarbeitenden“, so habe ich es vernommen. Und eine mutige Entscheidung, die Uniformen von einem Start-Up schneidern zu lassen. Doch Mut wird bekanntlich belohnt – ich finde, uns ist eine wunderbare Zusammenarbeit gelungen und ein noch besseres Ergebnis.
Welche Bereiche im Carlton Hotel werden mit Uniformen von Bündnertuch bedient?
Die Concierges, das Front-Office-Team, die Chasseure und Chauffeure.
Wurde das Design für die Carlton Hotel Uniformen verändert?
Unbedingt! Die Uniformen des Carlton Hotel wurden eigens designt und das nicht nur für die einzelnen Positionen, sondern auch die einzelnen Mitarbeitenden. Der Palü-Pullover wurde abgeändert, sowie das Emblem auf den Pullis. Das Konzept, welches uns vorschwebt, ist „englische Eleganz“. Dennoch sollen die Uniformen praktisch sein. Deshalb haben wir, je nach Position, weitere Taschen hinzugefügt. Ein Band am Rücken soll den Oberteilen Proportion verleihen und gibt ihnen Form. Auch die Farben haben wir eigens entwickelt und mit Bedacht gewählt: Weiss, Braun, Schwarz.
Die Uniformen wurden an jeden Mitarbeitenden angepasst?
Ja, Nachhaltigkeit bedeutet auch perfekte Passform, für lange Freude am Tragen. Alle Mitarbeitenden haben uns ihre Masse zugeschickt. Mit einem Avatar am Computer konnten wir dann die Uniform nach jedem Körpertyp und jeder Körperform anpassen. Ich habe es mir natürlich nicht nehmen lassen, bei der ersten Anprobe jedes einzelnen Mitarbeitenden vor Ort zu sein – ein spannender Moment, der, zum Glück, meist gut ausging.Meist?Naja, die einen oder anderen Mitarbeitenden haben zu- oder abgenommen, da waren schnelle Anpassungen gefragt. Es war wirklich ein spannender Prozess – vom Entwurf zur fertigen Uniform. Aber immer eine freudvolle Zusammenarbeit.
Meist?
Naja, die einen oder anderen Mitarbeitenden haben zu- oder abgenommen, da waren schnelle Anpassungen gefragt. Es war wirklich ein spannender Prozess – vom Entwurf zur fertigen Uniform. Aber immer eine freudvolle Zusammenarbeit.
Wie lange hat dieser Prozess gedauert, vom Entwurf zur Uniform?
Die Umsetzung der Avatare liegt bei 3 Tagen, die Produktion selbst dauert etwa einen Monat. Wobei der Stoff bereits produziert ist. Nun werden die Gäste von Carlton-Mitarbeitenden in Bündnertuch-Uniformen empfangen, ein schönes Bild!
Stellt Bündnertuch nur Arbeitsbekleidung her?
Nein, auch Alltagsbekleidung: Hosen, Blusen, Pullover, Chinos – aber auch Hüte und Kopfbedeckungen. Vom Frühstück bis zur Oper immer gut gekleidet, das ist unser Motto. Und alle sind uns willkommen, bei Bündnertuch.